Reiterhausengut

15.11.2023
Allgemein, Ausflugsziele, Kultur & Brauchtum, News aus Eugendorf, Sport & Freizeit, Bankerl in Eugendorf

„Dem Erbe verbunden, dem Wandel verpflichtet, der Zukunft entgegen“

Motto von Reiterhausen

Lieber Naturfreund!
Herzlich Willkommen bei deiner verdienten Rast auf unserem Bankerl zu Reiterhausen. Unser Bauernhof liegt am Eugendorfer Berg in einer Höhe von 680 Meter. Er wurde 1760 zum ersten Mal urkundlich erwähnt und ist seit 1778 ein Erbhof1. Von diesem Platz aus habt ihr einen tollen Ausblick: in den nördlichen Flachgau, nach Bayern und Oberösterreich.

Unser Hof hat eine geschichtsträchtige Vergangenheit, von der wir euch hier erzählen wollen:

Die Kalhamer2 waren eines der bedeutendsten Adelsgeschlechter des Erzbistums Salzburg. Die Ritter zu Kalham hatten ihren Stammsitz auf einer Anhöhe westlich vom Reiterhausengut. Im heutigen Waldgrundstück kann man noch immer den Burggraben erkennen, hinter dem damals die Burg errichtet war. Das Wappentier der Kalhamer, der Steinbock, ziert übrigens immer noch das Eugendorfer Gemeindewappen.

Seit Josef und Anna Trickl im Jahr 1778 das Reiterhausergut erwarben, scheint in der männlichen Erbfolge des Hofs immer ein Josef als Hoferbe auf. Mit der jüngsten Hofübernahme 2018 ist dies schon der achte Josef (und seine Frau ist die zweite Maria).

Im Lauf der Jahre wurden das Wohngebäude und die Stallungen am Gut immer wieder erneuert. 1868 wurden die dafür benötigten Bausteine aus dem tiefen Reiterhausenbach getragen. Die Portale beider Haustüren wurden aus wertvollen Untersberger Marmor gefertigt und das Pflaster in Vorhaus und Küche aus Adneter Marmor errichtet. Wenn ihr am Hof vorbei spaziert, könnt ihr einen Blick darauf werfen.

Eine hart erarbeitete Idylle

Allerdings: Was heute wie „Almhüttenromantik“ erscheint, bedeutete in früheren Zeiten (bis zu den 70er Jahren des vorigen Jahrhunderts) ein mühevolles Leben. Jede Verbesserung der Lebensqualität (etwa die Installierung von Fließwasser), war mit erheblicher Muskelkraft, dem Zusammenhalt der Bauern und vor allem mit großen Kosten verbunden. Was war das etwa für eine Begeisterung, als 1923 aus Ebenau eine Hochspannungsleitung über den Reiterhausenhof bis nach Eugendorf gebaut wurde und der Hof somit einer der ersten im Ort war, der mit Strom versorgt wurde! Weitere Eckpunkte in der Hofgeschichte waren der Bau des Güterwegs (1986), die Quellfassung auf eigenem Grund für hochwertiges Trinkwasser (1977), der erste Telefonanschluss (ebenfalls 1977) sowie der Internetanschluss im Jahr 2013.

Das Leben am Bauernhof im steten Wandel

Arbeitete man früher mit Ochsen als Zugtiere, so war später – in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts – der erste Traktor eine der größten Errungenschaften, vor allem der erste Allradtraktor der Marke Lindner, der Ende der 70er Jahre angeschafft wurde. Die Steilflächen rund um den Bauernhof waren nicht einfach zu bewirtschaften, und so war die Freude groß, als die Freunde zusammenlegten und den jetzigen Altbauern vom Reiterhausengut zur Hochzeit einen Esel schenkten. Weil das schwierige Gelände stets ausgebildetes Wissen und Erfahrung erforderte, waren die technischen Neuerungen für die Bewirtschaftung natürlich besonders wichtig. Bis zur ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts wurden allerdings (allerorts, nicht nur am Reiterhausengut) vor allem menschliche Arbeitskräfte eingesetzt: Knechte und Mägde. Deren Leben war meist besonders mühselig, denn sie arbeiteten schwer, wurden nur gering entlohnt und hatten, wie damals üblich, keinerlei soziale Absicherung wie Krankenversicherung, Mutterschutz oder Alterspension.

Höhen und Tiefen

Auch nicht zu vergessen ist eines der dunkelsten Kapitel der Weltgeschichte: der erste und zweite Weltkrieg. Diese bittere Zeit hinterließ auch in Reiterhausen ihre Spuren. Zu Beginn und während des zweiten Weltkriegs wurden gleich drei Reiterhausensöhne (jeweils im Alter von ca. 20 Jahren) zum Kriegsdienst eingezogen. Einer starb bei schweren Kämpfen an der Ostfront, einer blieb vermisst, und nur der Älteste kam wieder nach Hause. Er hatte als Kraftfahrer auf verschiedenen Kriegsschauplätzen gedient, wurde verwundet und kehrte schließlich nach einem zweimonatigem Fußmarsch völlig entkräftet aus Litauen in sein Elternhaus zurück, um den Hof zu übernehmen.

Gemeinsam schrieben wir auch ein Stück Eugendorfer Sportgeschichte, als 1965 auf unserem Grund eine Schiliftanlage errichtet wurde. Mangelns Schneesicherheit wurde der Betrieb 2020 eingestellt, aber nun ist diese lawinensichere Gegend ein Eldorado für Tourengeher und Schneewanderer geworden.

Unsere lange, bewegte Hofgeschichte hat unseren Sinn für Traditionen geschärft. So schätzen wir heute ganz besonders unsere „Holzmutter“, eine stattliche 250-jährige Fichte im den Hof umgebenden Wald.

  1. Um das Prädikat „Erbhof“ zuerkannt zu bekommen, muss ein bäuerlicher Betrieb mindestens 200 Jahre von derselben Familie geführt werden. ↩︎
  2. Kalham ist heute ein Ortsteil von Eugendorf ↩︎

Der Bauernhof

Immer schon hatte am Reiterhausengut der Ackerbau (Brotgetreide) einen besonders hohen Stellenwert. Auch Flachs, das zu Leinen verarbeitet wurde, hat man angebaut, und so war die Familie stets autark. Heute wird am Reiterhausengut Bio-Milchwirtschaft betrieben. Damit unsere Milchkühe ein gutes Leben haben, haben wir in den vergangenen Jahren einen Laufstall gebaut. Viele alte Obstsorten wuchsen und wachsen im Streuobstgarten. Konnte man früher nach einer Wanderung am Hof den Most verkosten, so genießt man heute ein Glas von unserer Bio-Milch und kann dabei gemütlich in unseren alten Chroniken schmökern.

Was du bei uns am Hof besichtigen kannst:

  • eine Mähmaschine aus den 60er Jahren des vorigen Jahrhunderts, die von Ochsen gezogen wurde
  • ein Leiterwagen aus den 70er Jahren. Dieser zur Heuernte verwendete Wagen wird jetzt immer noch mit einem Pferdegespann für verschiedene Veranstaltungen genutzt.
  • eine cirka 125 Jahre alte Getreideputzmühle. Der durch Drehen mit der Hand erzeugte Wind säuberte das gute Korn vom schlechten. Das gute Korn wurde zur Brotherstellung und zur Nachsaat verwendet.
  • Bei uns gibt es außerdem noch einen Getreidetriller und eine Getreidemutter, den Metzen (ein Getreidemaß über 60 kg) und eine Strohgeiß.

Viele weitere alte Maschinen und Geräte, die bei der Arbeit am Hof eingesetzt werden, findest du im Freilichtmuseum in Großgmain. Zum Beispiel einen Göppel, dem Kühe vorgespannt wurden, die im Kreis gingen, um die Dreschmaschine anzutreiben.

Autorin: Elisabeth Freundlinger

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